Marianna SimnettGORGON
13. — 17. September 2023
HAU Hebbel am Ufer (HAU2)
Marianna Simnetts Bühnendebüt erzählt in ihrer Neuauslegung eines griechischen Mythos von Liebe, Neid, Macht und Mitgefühl im Zeitalter des Machine-Learning.
Im Rahmen der Berlin Art Week präsentiert LAS die Uraufführung von GORGON. Die Flöten-Oper von Marianna Simnett (Libretto, Komposition) wurde von LAS in Auftrag gegeben und wird von der Künstlerin inszeniert. Das Werk ist eine eindringliche Auseinandersetzung mit unserer von Umbrüchen geprägten Zeit. Es verbindet Musik, Sprache und Tanz mit auf Künstlicher Intelligenz (KI) beruhenden Technologien zu einer beispiellosen Performance.
Simnetts Arbeit verweist auf den sprachgeschichtlichen Ursprung des Wortes „Gorgon“. Es lässt sich vom altgriechischen „gorgós“ („schrecklich“) ableiten und teilt seine Herkunft mit dem Sanskrit-Wort „garjana“, das einen kehligen, knurrenden Laut beschreibt. Die Performance wurzelt in dieser etymologischen Beobachtung und der geschlechtsspezifischen Form des griechischen Mythos der Gorgonen. In dieser Erzählung tötet der Held Perseus mithilfe der Göttin Athene die Gorgone Medusa. Sie ist die Sterbliche der drei Gorgonen. Athene hört die Schreie der Schwestern, die den Tod der Medusa betrauern. Sie erfindet ein Instrument, das die furchterregende Kraft der Klagerufe nachahmt, um sie sich zunutze zu machen.
GORGON transformiert diese archaische Erzählung über Macht und Schmerz in ein zeitgenössisches Märchen. Es handelt von Greta, einem Mädchen, das nachts als Donut-Verkäuferin in einem tristen U-Bahnhof arbeitet. Und von Gorgon, einem Wesen multipler Erscheinungsformen, das mit seinen Schreien die Welt verwüstet. Ernüchtert von ihrer Arbeit betritt Greta die Welt ihrer Phantasie. Als machtbesessene Tyrannin herrscht sie, von ihrem Büro am Waldrand aus, über ein Imperium. Sie ist fest entschlossen, sich die Kraft der markerschütternden Schreie von Gorgon anzueignen und begibt sich auf die Suche. Dabei begegnet sie einem Glühwürmchen-Chor, der sie verführt, den Schrei nachzuahmen, bis sich Greta und Gorgon schließlich Auge in Auge gegenüberstehen. Gretas Waffen erweisen sich in diesem Aufeinandertreffen als unbrauchbar. Und so gibt sie, von unbekannten Kräften überwältigt, ihr Streben nach Macht auf: Greta und Gorgon erkennen ihre gegenseitige Verletzlichkeit.
GORGON wird von Marianna Simnett und einem internationalen Team (Choreografie, Bühnenbild, Kostüm und KI-Technologie) realisiert. Die neuartigen Möglichkeiten von KI für Bühnenarbeiten nutzt Marianna Simnett in ihrer Flöten-Oper für die Videoprojektionen und die klangliche Umsetzung ihrer Partitur. In GORGON wird das Spiel eines Flötenensembles und der Gesang der Darstellerinnen in KI-generierte Klänge und Stimmfärbungen transformiert. Beides geschieht in Echtzeit und mit eigens für diese Produktion entwickelten KI-Modellen.
In der Verbindung von Mythologie und Technologie setzt sich GORGON mit grundsätzlichen Fragen auseinander: Begehren, Tod, Macht und Gender – der Bedeutung unseres Körpers und seinem Verhältnis zum Außen. Die Bezugspunkte Marianna Simnetts reichen von frühmenschlichen Technologien bis zu posthumanistischer Theorie. In ihrer Performance lenkt sie den Blick auf die Ängste, die Veränderungen und die Möglichkeiten, die durch technologischen Fortschritt entstehen. In einer Zeit, in der die beschleunigte Weiterentwicklung von KI die Gesellschaft herausfordert, reflektiert GORGON Möglichkeiten der Begegnung mit dem Unheimlichen, dem Ungreifbaren und dem Unbekannten.
Marianna Simnett
Die Arbeiten der in Berlin ansässigen Künstlerin und Musikerin Marianna Simnett wurden weltweit in Einzelausstellungen gezeigt, darunter: Société, Berlin (2022); Institute of Modern Art, Brisbane (2019); Kunsthalle Zürich (2019); MMK, Museum für Moderne Kunst, Frankfurt (2018); The New Museum, New York (2018) und Zabludowicz Collection, London (2018). Außerdem war sie Teil verschiedener Gruppenausstellungen, darunter: Chrysalis: The Butterfly Dream, Centre d’Art Contemporain Genève (2023); 59. Biennale di Venezia: The Milk of Dreams (2022); Espressioni: The Epilogue, Castello di Rivoli, Turin (2022) und Kunstpreis der Böttcherstraße, Kunsthalle Bremen (2022).
Presse
06Credits
Beauftragt durch LAS Art Foundation
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Marianna Simnett Studio
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